Whistleblower-Richtlinie

Die EU-Whistleblower-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2019/1937), in Kraft getreten im Dezember 2019, will Personen zu schützen, die Verstöße gegen EU-Recht melden. Diese Richtlinie ist ein bedeutender Schritt in Richtung eines verstärkten Schutzes von Whistleblowern in ganz Europa. Ihr Ziel ist es sicherzustellen, dass Personen, die Missstände im öffentlichen Interesse aufdecken, vor Vergeltungsmaßnahmen sicher sind. Die deutsche Umsetzung der Richtlinie ist das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG). In Kraft getreten ist es am 2. Juli 2023. Das Gesetz soll einen angemessenen rechtlichen Rahmen für Whistleblower schaffen, indem es diese vor Repressalien durch den Arbeitgeber schützt.

In diesem Artikel werden wir uns eingehend mit den Schlüsselelementen dieser Regelungen beschäftigen, ihre Bedeutung für B2B-Unternehmen und Einzelpersonen erörtern, und die Auswirkungen auf die betriebliche Praxis beleuchten. Für konkrete Fragen kontaktieren Sie unsere Rechtsanwaltskanzlei LLP Law|Patent in München.

Einrichtung von Meldestellen nach der Whistleblower-Richtlinie

Um potenziellen Whistleblowern einen Weg zu eröffnen auf Verstöße aufmerksam zu machen, sieht das Hinweisgeberschutzgesetz drei Optionen vor: Interne Meldestellen, externe Meldestellen und die Offenlegung von Informationen z.B. gegenüber der Presse. Externe Meldestellen werden vom Staat auf Bundes- und Länderebene betrieben. Interne Meldestellen sind diejenigen, die von den Unternehmen selbst eingerichtet werden müssen. Whistleblower haben die Wahl, an welche Meldestelle (intern oder extern) sie sich wenden. Die interne Meldestelle kann auch auf einen externen Dienstleiser ausgelagert werden und zählt dennoch als interne Meldestelle. Als externe Dienstleister können Sie beispielsweise mit der Thematik betraute Rechtsanwälte hinzuziehen. Wenden Sie sich dafür an unsere Kanzlei LLP Law|Patent in München.

Allerdings ist nicht jedes Unternehmen im B2B-Bereich in der Pflicht eine solche Meldestelle einzurichten. Die gesetzliche Verpflichtung greift erst, wenn das Unternehmen fünfzig oder mehr Beschäftigte aufweist. Zu diesem Grundsatz bestimmt § 12 Absatz 3 HinSchG jedoch Ausnahmen für bestimmte Geschäftsfelder. Beispielsweise müssen Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder Kapitalverwaltungsgesellschaften auch mit einer geringeren Beschäftigtenzahl eine Meldestelle zur Verfügung stellen. Unternehmen, die zwischen fünfzig und zweihundertfünfzig Angestellte haben, steht die Möglichkeit offen, eine gemeinsam genutzte Einrichtung zu etablieren.

Verstöße gegen die Verpflichtung zur Errichtung einer internen Meldestelle können hohe Bußgelder zur Folge haben. Doch was genau ist die Aufgabe dieser internen Meldestelle? Zunächst muss sie Kanäle betreiben, über die Whistleblower von § 2 HinSchG erfasste rechtswidrige Verstöße melden können und diese Meldungen im Nachgang auch bearbeiten. Anschließend muss das angezeigte Problem von der Meldestelle in einem gesetzliche festgelegten Verfahren innerhalb bestimmter Fristen bearbeitet werden. Das Hinweisgeberschutzgesetzt verpflichtet Unternehmen nicht die Meldekanäle so auszugestalten, das anonyme Meldungen ermöglicht werden.  Allerdings gilt nach § 8 HinSchG ein Vertraulichkeitsgebot für die interne Meldestelle: Die Identität aller Beteiligten muss von der Meldestelle vertraulich behandelt werden. .

Offenlegung – Whistleblower-Richtlinie

Die Veröffentlichung relevanter Informationen ist theoretisch ebenfalls ein Weg, wie der Whistleblower Verstöße aufdecken kann. Diese Option wird allerdings nur unter sehr strengen Voraussetzungen vom Schutzbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes umfasst. Ein Whistleblower sollte den Gang zur Presse nur als letzte Option wählen um sicher zu gehen, dass er vom Hinweisgebergesetz geschützt ist. Zulässig ist er dann, wenn der Whistleblower zwar eine Meldestelle kontaktiert, von dieser aber keine Antwort erhalten hat. Berücksichtigt wird auch, wenn die Antwort der Meldestelle nicht innerhalb einer angemessenen Frist erfolgt. Ebenfalls zulässig ist er, wenn beispielsweise das öffentliche Interesse unmittelbar bedroht ist oder es Anzeichen dafür gibt, dass es eine Verbindung zwischen Meldestelle und dem Beschuldigten gibt. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist das Hinweisgeberschutzgesetz nicht anwendbar und der Whistleblower kann nicht auf seinen Schutz zurückgreifen.

Was umfasst der Schutzbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes?

In § 2 HinSchG findet sich eine Aufzählung derjenigen Verstöße, deren Meldung den Schutz des Hinweisgeberschutzgesetzes auslösen. Grundsätzlich sind dies alle Straftaten, bestimmte Ordnungswidrigkeiten aber auch das Missachten von Regelungen bezüglich Geldwäsche, Umwelt- und Datenschutz oder der Sicherheit im Straßenverkehr.

Damit die Meldung schutzwürdig ist, muss es zumindest einen hinreichenden Grund zu der Annahme geben, dass überhaupt ein Verstoß vorliegt. Zudem muss der Whistleblower diesen Verstoß auch der zuständigen Stelle gemeldet haben und davon ausgehen, dass seine Meldung richtig ist. Dieses Verdachtsmoment ist aus einem objektiven Blickwinkel zu beurteilen und danach, was der Whistleblower von seiner Position aus vernünftigerweise wissen konnte. Reine Vermutungen genügen hier nicht, der Meldende muss aber auch keine eigenen aufwändigeren Ermittlungsversuche starten. Meldet der Whistleblower vorsätzlich oder grob fahrlässig unwahre Verstöße, so kann er schadensersatzpflichtig werden.

Fällt eine Meldung andererseits unter den Schutzbereich des Gesetzes, darf der Beschäftigte keine Konsequenzen durch seinen Arbeitgeber aufgrund der Meldung zu befürchten haben. Ausgeschlossen sind also Kündigungen, Versetzungen oder die Verweigerung von Beförderungen oder Gehaltserhöhungen. Dabei gilt zunächst die Vermutung, dass beispielsweise eine dem Whistleblower gegenüber ausgesprochene Kündigung aufgrund seiner Meldung erfolgt ist. Das Gegenteil, dass die Kündigung unabhängig von der Meldung ausgesprochen wurde, muss der Arbeitgeber entsprechend belegen.

Fazit

Die Whistleblower-Richtlinie und ihre Umsetzung im deutschen Hinweisgeberschutzgesetz sind wichtige Instrumente, um Transparenz und Integrität in der Arbeitswelt und darüber hinaus zu fördern. Die gesetzlichen Regelungen bieten einen rechtlichen Rahmen, um Whistleblower effektiver zu schützen und tragen somit zu einer gesünderen und verantwortungsvolleren Unternehmenskultur bei. Es ist entscheidend, dass B2B-Unternehmen die Anforderungen und Verpflichtungen, die sich aus dem Hinweisgeberschutzgesetz ergeben, vollständig verstehen und umsetzen. Die Einrichtung einer internen Meldestellen, der Umgang mit den Meldungen und die Gewährleistung des Schutzes von Whistleblowern sind komplexe Aufgaben, die sorgfältige Planung und Durchführung erfordern. Bei LLP Law|Patent stehen wir Ihnen zur Seite, um sicherzustellen, dass Ihr Unternehmen diesen Anforderungen gerecht wird. Kontaktieren Sie unsere Rechtsanwälte in München, um sicherzustellen, dass Ihr Unternehmen auf dem neuesten Stand der Gesetzgebung ist und proaktiv an der Schaffung einer gerechten und transparenten Arbeitswelt mitwirkt.

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