Wie funktioniert Home-Office in der Pandemie?

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Bild von Alexandra_Koch auf Pixabay

 

Das sogenannte Homeoffice erlebt aufgrund der SARS-CoV-2-Pandemie eine bislang nicht gekannte Hochkonjunktur. Aufgrund dieser neuen „Beliebtheit“ des Homeoffices entstehen bislang unbekannte rechtliche Fragestellungen und das Bedürfnis nach rechtlicher Klarheit. Wann ist Homeoffice zu gewähren? Mit welchen Rahmenbedingungen? Gibt es einen Anspruch auf Gewährung?

1. Grundlagen

Nicht jede Arbeitsleistung ist ihrer Eigenart nach dazu geeignet, an beliebigen Orten erbracht zu werden. Auch die Wohnsituation eines Beschäftigten an sich (z.  B. wegen eines fehlenden Breitbandinternetanschlusses oder fehlender Diskretion) können einer Vereinbarung des Homeoffice entgegenstehen.

Erlauben die tatsächlichen Gegebenheiten eine Tätigkeit außerhalb der Betriebsstätte, bedarf diese zudem einer rechtlichen Grundlage. Unproblematisch ist dies, wenn beide Parteien der Tätigkeit außerhalb zustimmen. Reglungen dazu können im ursprünglichen Arbeitsvertrag oder auch in einer gesonderten Homeoffice-Vereinbarung fixiert werden.[1] Gleichwohl kann eine Abrede durch schlüssiges Verhalten (sog. Konkludentes Handeln) im Notfall als Rechtsgrundlage ausreichen, wenn sich die Parteien darauf einigen, dass die Arbeit nun von Zuhause aus erbracht wird. Jedoch werden in diesem Fall höchstwahrscheinlich genaue Reglungen und verbindliche Rahmenbedingungen von beiden Parteien fehlen. Dies wiederum kann zu Meinungsverschiedenheiten und Interpretationsspielraum führen.

 

2. Einführung durch den Arbeitgeber

Nach § 106 S. 1 GewO steht dem Arbeitgeber ein Weisungsrecht zu. Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung kann dieser nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

Dabei geht die Rechtsprechung auch bei längerer Tätigkeit am selben Ort nicht von einer Konkretisierung des Arbeitsorts und einer damit einhergehenden Beschränkung des Weisungsrechts aus.[2] Jedoch ist hier zu beachten, dass konkludente, durch Auslegung nach §§ 137, 157 BGB zu bestimmende Abreden zum Arbeitsort das Weisungsrecht beschränken können.[3]

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass in Ausnahme- und Notsituationen eine Erweiterung des Weisungsrechtes gilt. So können unter Umständen Tätigkeiten zugewiesen werden, die vertraglich an sich nicht geschuldet sind.[4] Gesetzliche Grundlagen dafür sind die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht des Arbeitnehmers (§ 241 II BGB) sowie Treu und Glauben nach § 242 BGB.

 

3. Anspruch des Arbeitnehmers

In der Regel besteht, sofern der Arbeitsort nicht vertraglich auf Homeoffice bestimmt wurde, keine Pflicht des Arbeitgebers einem Wunsch nach Homeoffice zu entsprechen. Ist der Ort nicht bestimmt, so ist dessen Konkretisierung Teil des Weisungsrechtes nach § 106 S.1 GewO.

Eine Anspruchsgrundlage auf Gewährung von Homeoffice besteht jedoch neuerdings, seit dem 27.01.2021, aufgrund der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV). Nach § 2 IV der Verordnung hat der Arbeitgeber den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbarer Tätigkeit anzubieten, diese Tätigkeit in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Laut den FAQ des BMAS Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist von zwingenden Gründen dann auszugehen, wenn die Tätigkeiten sich war grundsätzlich für die Ausführung im Homeoffice eignen, sie aber aus „belegbaren und nachvollziehbaren betriebstechnischen Gründen“ nicht von zu Hause aus erbracht werden können, insbesondere, „weil ansonsten der übrige Betrieb nur eingeschränkt oder gar nicht aufrecht erhalten werden kann“.

 

4. Fazit

Im Falle einer Vereinbarung von Homeoffice sollte diese dokumentiert werden und schriftlich mitsamt ihrer Rahmenbedingungen fixiert werden. Liegen nach Art der Tätigkeit und Art der Wohnungsstätte des Arbeitnehmers die Voraussetzungen für eine Tätigkeit im Homeoffice vor, so ist diese, sofern keine anderen zwingenden betriebliche Gründe dagegen sprechen, vom Arbeitgeber anzubieten und zu gewähren. Will hingegen der Arbeitgeber Homeoffice anordnen, so kann er im Rahmen des § 106 S. 1 GewO einen Arbeitsort zuweisen.

 

Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit unserem Rechtsreferendar Lino Cull.

 

 

 

[1] NZA 2020, 473 (474).

[2] BAG v. 13.6.2012 – 10 AZR 296/11.

[3] NZA 2020, 473 (474).

[4] BAG v. 16.10.2013 – 10 AZR 9/13

 

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