Wie werden AGB richtig einbezogen?

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Viele Bereiche des wirtschaftlichen Miteinanders sind gesetzlich geregelt. Jedoch nicht jede Regelung ist zwingend, sondern kann dem Parteiwillen nach verhandelt werden. Man spricht vom "dispositiven" Recht. Ein besonderer Fall liegt vor, wenn eine Partei der anderen Partei ihre Bedingungen zum Geschäftsabschluss vorgibt. Dies geschieht zum Teil durch vorformulierte Vertragswerke (z. B. einem Arbeitsvertrag, Lieferbedingungen). Somit ist die Nutzung von sogenannten „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ (kurz AGB) für die meisten Unternehmen längst Usus. In welchem Rahmen und wie weit dies geschehen kann, ist wiederum gesetzlich in den §§ 305 ff. BGB festgelegt. Da der Wortlaut dieser Normen jedoch viel Spielraum für Interpretationen lässt, haben die Gerichte gewisse Auslegungsprinzipien entwickelt, an denen sich Händler orientieren können.

Unser Blogbeitrag beschäftigt sich heute zum einen mit der Länge von AGB und zum anderen mit der Frage der richtigen Einbeziehung solcher AGB in ein Rechtsgeschäft.

OLG Köln zur Länge der AGB, Urteil vom 19.02.2020 – 6 U 184/19

Vor kurzem klagte eine Verbraucherzentrale gegen einen Zahlungsanbieter mit dem Antrag, deren AGB für unwirksam zu erklären. Die AGB seien zu lang und machten es dem Kunden somit unmöglich, Kenntnis von den selbigen, zu erlangen. Als Begründung führte die Klägerin an, dass es durchschnittlich achtzig Minuten dauern würde, alle Bedingungen durchzulesen. Zudem seien einige Klauseln unnötig sowie unverständlich. Dies könne mittels eines Verständlichkeitsindexes zweifelsfrei belegt werden.

Aufgrund der erheblichen Länge schloss das OLG Köln eine mögliche Intransparenz der Klauseln zwar nicht aus. Jedoch stelle die Länge allein kein Unwirksamkeitskriterium dar. Vielmehr sei zu berücksichtigen, wie viele Parteien bei den Rechtsgeschäften involviert werden, und dass der Verbraucher bei dem Geschäftsmodell der beklagten Zahlungsdienstleisterin sowohl Zahler als auch Zahlungsempfänger sein könne. Ob die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gänzlich unwirksam seien, könne nicht mittels eines pauschalen Indexes ermittelt werden, da dies von vielen Faktoren abhinge.

Zum richtigen Einbezug von AGB:

Da es nicht so einfach ist, die AGB überhaupt rechtswirksam einzubeziehen, soll im Folgenden geklärt werden, auf welche Besonderheiten Händler bei der Einbeziehung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen besonders achten sollten.

Online Händler

Betreiber von Onlineshops müssen beachten, dass es für die Einbeziehung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingung nicht ausreicht, sie irgendwo online zu stellen. Vielmehr werden sie erst dann Bestandteil des Vertrages, wenn der gesetzlichen Rahmen beachtet wird. Das Gesetz sieht dabei vor, dass bei Vertragsschluss ausdrücklich auf die AGB hingewiesen wird und der Vertragspartner die Möglichkeit hat, von diesen in zumutbarer Weise Kenntnis zu erlangen. Der Hinweis sollte daher so deutlich sein, dass jeder durchschnittlich begabte Mensch diesen auch beim flüchtigen Durchlesen erkennen kann. Die meisten Händler setzen daher auf sogenannte „Checkboxen“. Das sind vorgefertigte Textfelder, mittels derer Kunden durch das Anklicken eines Kästchens bestätigen sollen, dass sie von den AGB Kenntnis genommen haben und mit diesen einverstanden sind. Diese Bestätigung ist zudem Voraussetzung dafür, den Bestellvorgang abschließen zu können. Trotz ihrer Beliebtheit können diese Praktiken durchaus ernstzunehmende Konsequenzen nach sich ziehen.

Der Bundesgerichtshof entschied unlängst, dass solch eine vorformulierte Bestätigung der Kenntnisnahme im Zweifel einen Beweis dafür darstelle, dass der Verbraucher Kenntnis von den AGB erlangt habe. Dem Gesetz nach muss jedoch der AGB-Verwender beweisen, dass die Kenntnisnahme der eigenen Geschäftsbedingungen möglich sei. Somit sei die Bestätigung mittels Checkbox eine Beweislastumkehr und Verbrauchern gegenüber gemäß § 309 Nr. 12b BGB unwirksam, BGH, Urteil vom 15. Mai 2014 – III ZR 368–13.

Zwar bezog sich das Urteil des Bundesgerichtshofs auf einen das Widerrufsrecht betreffenden Fall, jedoch müssen auch die AGB eindeutig vom Verbraucher bestätigt werden. Somit kann das Urteil des BGH auch auf die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen sowie der Datenschutzerklärung übertragen werden. Dies wird von Verbraucherschutzzentralen auch so gehandhabt.Onlinehändler laufen zudem Gefahr, dass die Nutzung einer Checkbox vom Mitbewerber als wettbewerbswidriges Verhalten bewertet wird, und so eine kostenpflichtige Abmahnung riskieren.

Ferner ist beim Online-Shop daran zu denken, dass es eine vorvertragliche und eine nachvertragliche Aufklärungspflicht gibt. Die AGB müssen zum einen auf der Webseite vorgehalten werden und zum anderen frühestens bei Vertragsschluss ein zweites Mal dem Verbraucher zur Verfügung gestellt werden. Dies gilt auch für alle Nebentexte wie Kundeninformationen und Widerrufsbelehrung. In der Regel wird diese Verpflichtung dadurch erfüllt, dass die Rechtstexte nochmals der Versandbestätigung angehängt sind oder der Ware beiliegen.

Einbeziehung der AGB im Business to Business (B2B)

Im B2B-Geschäft genügt jenseits des Online-Handels laut Rechtsprechung bereits, wenn ein Hinweis auf die AGB erfolgt und der Verwendung nicht widersprochen wird, OLG Hamm mit Urteil vom 19.05.2015 Az.: 7 U 26/15. Es handelt sich daher um ein Gerücht, dass unternehmerische AGB stets auf der Firmenwebsite zugänglich sein müssen.
Zudem genügt es nach der Rechtsprechung bereits, auf die Geltung der AGB hinzuweisen, um deren wirksame Einbeziehung zu bejahen. Somit müssten auch keine AGB vorgelegt werden. Vielmehr sei der Hinweis auf eine zugehörige Internetadresse bereits ausreichend, AG Aachen vom 26.07.2016, Az.: 113 C 8/16. Möchten Händler ihre AGB doch in Papierform einbeziehen, genügt die Abbildung der AGB auf der Rückseite des Vertrags jedoch nicht. Vielmehr ist ein Hinweis auf der Vorderseite des Vertragsformulars erforderlich. Unabhängig davon, ob die Einbeziehung online oder offline erfolgt: Der Händler sollte somit stets darauf achten, den Vertragspartner gezielt auf die eigenen Geschäftsbedingungen hinzuweisen. Sollten sich die einzelnen AGB Klauseln jedoch widersprechen, werden sie nicht in den Vertrag einbezogen und durch gesetzliche Bestimmungen ersetzt.

B2B-Einbeziehung bei Auslandsgeschäften

Doch wie verhält es sich bei Auslandsgeschäften? Was tun Händler, wenn deren Verkaufs- und Einkaufsbedingungen miteinander kollidieren und welche der nationalen Rechtsordnungen wäre in solch einem Fall vorrangig?

Insoweit das UN-Kaufrecht Anwendung findet, gilt das Folgende: Nach der Theorie des letzten Wortes (auch „lastshot”), gelten die zuletzt übersandten AGB uneingeschränkt. Danach sollten die eigenen AGB insbesondere, wenn es um Eigentumsvorbehalt geht, bei jeder Warensendung nachweisbar beigefügt sein. Demgegenüber vertritt der Bundesgerichtshof die Ansicht der “übereinstimmenden Willenserklärungen”. Danach soll das allgemeine Recht lediglich für die Bedingungen gelten, die voneinander abweichen. International wird solch eine Anwendung weitestgehend bevorzugt.

Dem UN-Kaufrecht lässt sich jedoch nirgendwo entnehmen, dass der Vertragspartner sich über die verwendeten AGB erkundigen muss, damit diese wirksam einbezogen werden. Vielmehr sollten Verwender ihre Bedingungen dem Vertragspartner unaufgefordert zukommen lassen. Dabei spielen die Artikel 14ff CISG eine wesentliche Rolle. Sie regeln zwar grundsätzlich nur das Zustandekommen internationaler Verträge. Da das UN-Kaufrecht jedoch keine speziellen Regelungen zur Einigung auf Geschäftsbedingungen kennt, erstreckt sich deren Wirkung auch auf die Einbeziehung von AGB. Dies lässt lediglich den Schluss zu, dass die AGB, genauso wie all die anderen Vertragsbedingungen letztendlich in das zum Vertragsschluss führende Angebot aufgenommen werden müssen. Somit ist ein bloßer Hinweis auf die AGB ohne die Übermittlung des Textes regelmäßig unzureichend. Daher ist bei internationalen Verträgen folgendes zu beachten:

  • Die AGB-Klauseln sollten dem Vertragspartner bis zum Zeitpunkt der erklärten Vertragsannahme vorliegen
  • Bis zur erklärten Vertragsannahme muss der Verwender deutlich machen, dass die AGB Teil seines Vertragsangebots sind
  • Zudem sollte der Verwender das Vertragsangebot so verfassen, dass der Vertragspartner, durch dessen Annahme auch die zu vermutende Kenntnis eines Geltungshinweises auf die vorliegenden AGB erklärt

Andererseits müssen die AGB körperlich nicht fest mit dem Vertragsangebot verbunden sein und nicht zeitgleich mit diesem zugehen. Vielmehr genügt es, wenn der Wortlaut der AGB unaufgefordert vorgelegt wird sowie der eindeutige Hinweis darauf, dass die AGB in ihrer Gesamtheit Teil des Vertragsinhalts sein sollen. Selbstverständlich gilt dies vorbehaltlich anderweitiger Absprachen, Gepflogenheiten oder Bräuche.

 

Im internationalen Rechtsverkehr sollten die AGB also stets dem Angebot beigelegt werden, damit sie Vertragsbestandteil werden können. Ein Hinweis auf eine Webseite etc. genügt in diesem Fall nicht. Dies sollte auch dann so gehandhabt werden, wenn das UN-Kaufrecht wirksam ausgeschlossen wurde.

 

 

 

 

 

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