Kennzeichnungspflicht für KI-generierte Inhalte

15. Oktober 2024
LLP Law|Patent

Programme wie ChatGPT, DALL-E, Midjourney oder Adobe Firefly erfreuen sich seit Längerem großer Beliebtheit. Mit diesen Programmen ist es dem Nutzer möglich durch Eingabe eines Befehls, eines sog. Prompts, KI-generierte Texte oder Bilder erstellen zu lassen. Vor allem im Marketingbereich werden diese Tools häufig genutzt, um zeitsparend ansprechende Webauftritte zu erstellen. Aber auch in den sozialen Netzwerken gelangen häufig Bild- oder Tonaufnahmen, die mit KI manipuliert werden, in den Umlauf.  Oft tragen sie dabei wesentlich zur Verbreitung von Falschinformationen bei.

In diesem Artikel informieren wir Sie darüber, inwieweit solche KI-Erzeugnisse für den Nutzer kenntlich gemacht werden müssen und wie hierzu die generelle Rechtslage aussieht. Eine wichtige Rolle wird hier in Zukunft die unlängst in Kraft getretene KI-Verordnung der EU (»AI Act«) spielen. Mehr zur KI-Verordnung erfahren Sie in diesem Artikel.

Aktuelle Rechtslage

Zunächst ein paar Worte zum aktuell geltenden Recht. Momentan gibt es keine konkrete Pflicht, KI-generierte Werke zu kennzeichnen. Allerdings können sich indirekte Pflichten aus anderen Rechtsgebieten oder AGBs ergeben.

Wie an anderer Stelle bereits erörtert, erhalten KI-Erzeugnisse keinen Urheberschutz. Das liegt daran, dass die Texte bzw. Bilder nicht von einem Menschen geschaffen werden, sondern von einer Maschine. So fehlt ihnen die »persönliche geistige Schöpfung«, die das Urheberrecht voraussetzt. Der Umstand, dass der Prompt selbst, also die Anweisung an die KI zur Erzeugung eines Textes oder Bildes, von einem Menschen stammt und Ausdruck eines schöpferisch-geistigen Prozesses sein mag, gilt nach der aktuellen Debatte als nicht ausreichend, einen  solchen Schutz an dem von der KI erzeugten Ergebnis zu erzeugen. Die Relevanz für die Praxis: Alle veröffentlichten KI-generierten Texte und Bilder, aber auch Software, Designs, oder gar sonst im Grunde durch Patente schutzfähige Vorrichtungen oder Prozesse, können beliebig von anderen genutzt, angewandt, kopiert und selbst veröffentlicht werden.

Eine indirekte Notwendigkeit, diese KI-Erzeugnisse als solche zu kennzeichnen, kann sich aber aus § 5 UWG ergeben. Dies ist der Fall, wenn der Verzicht einer Kennzeichnung als KI-generiert dazu führt, dass irrig Urheberschaft des Veröffentlichenden angenommen wird. In bestimmten Fällen könnte dies eine abmahnbare Irrführung im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb darstellen.

Ein weiterer Aspekt, den Sie bei nicht-gekennzeichneten KI-Element beachten müssen: Sie sind für die Inhalte, die sie – beispielsweiße im Internet – veröffentlichen, selbst verantwortlich. Schleicht sich bei der KI ein inhaltlicher Fehler ein, haften im Zweifelsfall Sie.

Freiwillige Selbstverpflichtung von Tech-Konzernen

Eine generelle Pflicht zur Kennzeichnung KI-generierter Inhalte besteht aktuell nicht. Allerdings gibt es eine freiwillige Selbstverpflichtung relevanter Tech-Konzerne wie Amazon, Meta, Google, Adobe, IBM, und weiteren, auf KI-generierten Content hinzuweisen. Meta arbeitet beispielsweiße an einer automatisierten Erkennung von KI-Erzeugnissen, die durch Instagram oder Facebook-Nutzer gepostet werden. Zudem kann sich in den Nutzungsbedingungen und AGBs einzelner Plattformen eine ähnliche Verpflichtung finden. Daher sollten sich Nutzer stets darüber informieren, ob ein verwendeter Dienst eine Kenntlichmachung von KI-Inhalten fordert.

Kennzeichnungspflicht der KI-Verordnung

Konkreter wird in dieser Thematik nun der »AI Act« der Europäischen Union. Im Frühjahr 2024 vom Europäischen Parlament und dem Rat der EU verabschiedet, trat die Verordnung mit Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union am 12.07.2024 in Kraft. Die neuen Regelungen, werden nun stufenweise Gesetzeskraft erlangen. Unternehmen sollten sich also frühzeitig darauf vorbereiten, die neuen Vorschriften umzusetzen.

Neben dem Verbot von grundrechtsgefährdenden KI-Systemen und Kontroll- bzw. Transparenzpflichten für riskante KI-Systeme, bringt die Verordnung in Art. 50 KI-Verordnung auch eine Kennzeichnungspflicht für KI-Erzeugnisse mit sich. Wie weit geht diese Kennzeichnungspflicht und welche KI-Erzeugnisse umfasst sie?

Konkret heißt es im Gesetzestext folgendermaßen:

»Wer ein KI-System einsetzt, das Bild-, Audio- oder Videoinhalte erzeugt oder manipuliert, die einen Deep Fake darstellen, muss offenlegen, dass die Inhalte künstlich erzeugt oder manipuliert wurden. […] Wer ein KI-System einsetzt, das Text generiert oder manipuliert, der zu dem Zweck veröffentlicht wird, die Öffentlichkeit über Angelegenheiten von öffentlichem Interesse zu informieren, muss offenlegen, dass der Text künstlich generiert oder manipuliert wurde.«

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Deep Fakes

Die erste große Fallgruppe, die eine Kennzeichnung nötig macht, sind die sog. Deepfakes. Dabei handelt es sich um Bilder, Video- oder Tonaufnahmen, die künstlich erstellt bzw. manipuliert werden, dabei aber einen täuschend echten Eindruck erzeugen. Ein Deepfake imitiert häufig real existierende Personen und legt ihnen Worte in den Mund, die sie nie gesagt haben, bzw. setzt sie bildlich in einen falschen Kontext. So werden gezielt Falschinformationen verbreitet.

Solche Bild-, Audio bzw. Videoinhalte müssen klar gekennzeichnet werden. Ausnahmen gibt es nur um Bereich der Strafverfolgung oder wenn es sich um ein kreatives oder satirisches Werk handelt. In letzterem Fall ist eine Kenntlichmachung in dem Maße ausreichend, dass sie die Darstellung nicht zu stark beeinträchtigt.

»öffentliches Interesse«

Bei der zweiten Fallgruppe handelt es sich um Texte, die dazu dienen die Öffentlichkeit über »Angelegenheiten von öffentlichem Interesse« zu informieren (beispielsweise in der journalistischen Arbeit zur aktuellen Berichterstattung). Solche Texte müssen ebenfalls als KI-generiert gekennzeichnet werden. Ausnahmen finden sich auch hier im Bereich der Strafverfolgung. Weiter heißt es im Gesetzestext:

»Diese Verpflichtung gilt nicht, wenn […] der KI-generierte Inhalt einer menschlichen Überprüfung oder redaktionellen Kontrolle unterzogen wurde und eine natürliche oder juristische Person die redaktionelle Verantwortung für die Veröffentlichung des Inhalts trägt.«

Die Kennzeichnungspflicht entfällt also dann, wenn der Text auf Fehler und Unwahrheiten hin überprüft wurde. Zusätzlich muss entweder eine natürliche oder juristische Person für solche Fehler bzw. Unwahrheiten, die der Kontrolle entgehen, die Verantwortung übernehmen.

Wie kennzeichne ich KI-Erzeugnisse?

Soweit zu den rechtlichen Voraussetzungen, wann ein KI-generierter Inhalt kennzeichnungspflichtig ist. Nun bleibt noch die Frage, wie eine solche Kennzeichnung aussehen kann. Hierzu gibt es (noch) keine konkreten Vorgaben. Daher im Folgenden ein paar Ideen, wie sie teilweise in der Praxis bereits verwendet werden:

Ganz klassisch kann ein solcher Hinweis entweder in den Text mit eingebaut werden oder vor bzw. nach diesem darauf hinweisen. Dabei wird es entscheidend sein, ob sich die Kennzeichnung gut genug hervorhebt, um von den Lesen erkannt zu werden. Bei Bildern und Videos gibt es die Option entweder in der Bildunterschrift darauf hinzuweisen oder ein Wasserzeichen auf dem Bild bzw. im Video einzufügen. Wasserzeichen können dabei sichtbar oder unsichtbar (sog. »low perturbation watermarks«) gestaltet werden. Alternativ könnten auf Social Media-Plattformen entsprechende Hashtags verwendet werden.

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Social Media-Plattformen arbeiten teilweise über eine automatische Generierung eines Hinweises anhand eines Algorithmus, der KI-Inhalte erkennt. Bislang gibt es allerdings kein Programm, das solche Inhalte zuverlässig und fehlerfrei erkennt. Eine andere Option besteht darin, die Information zusätzlich in die Metadaten einzupflegen, damit dies durch die Plattformen ausgelesen werden kann. Die Firma Adobe schlägt die Option vor mit einem sog. »Content Credential«-Tool Pin zu arbeiten. Dieses Tool lässt ein Symbol über dem Bild erscheinen. Mit Klick auf dieses Symbol kann der Nutzer einen Blick in die Metadaten und die KI-Kennzeichnung werfen.

Welche Gestaltungsmöglichkeit sich letztendlich durchsetzt, wird sich zeigen. Sie haben Fragen zu der Kennzeichnungspflicht der KI-Verordnung der EU? Oder brauchen eine rechtliche Einschätzung, welchen ihrer Inhalte Sie wie kennzeichnen sollten? Wenden Sie sich gerne an unsere Rechtsanwälte von LLP Law|Patent.

Sebastian Helmschrott | Rechtsanwalt, Fachanwalt für Informationstechnologierecht und Fachbereichsleiter IT-Recht beim BISG e.V.

Herr Rechtsanwalt Sebastian Helmschrott ist bei LLP Law|Patent Ihr kompetenter Ansprech­partner für Vertrags­gestaltungen, insbesondere für international tätige Unternehmen im Bereich der Halbleiter­industrie sowie anderer moderner Technologien, z. B. LED/OLED, Embedded Systems und softwaregestützte Prozesse. Er betreut erfahren Ihre IT-Vergabe­verfahren mit nationalen und inter­nationalen Bezügen sowie die Bereiche IP-Recht mit Schwerpunkt Lizenzen und Forschungskooperationen.

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